Warum Künstler oft Opfer mieser Betrugsmaschen werden
In diesem Artikel möchte ich auf ein Thema eingehen, was für diejenigen unter euch gedacht ist, die selbst auf künstlerischen Pfaden wandeln.
Denn leider gehören wir Künstler neben Rentnern und älteren alleinstehenden Frauen zu einer Gruppe von Menschen, die verstärkt Opfer von Abzockern werden.
Rentnern wird mit dem sogenannten Enkeltrick das Geld aus der Tasche gezogen. Älteren, sich nach einem Partner sehnenden Frauen schickt plötzlich ein amerikanischer Diplomat auf Facebook Liebesnachrichten. Im Vergleich dazu, hat die Betrugsmasche bei Künstlern vielerlei Gesichter.
Auf einige dieser möchte ich heute eingehen, damit ihr ihnen nicht zum Opfer fallt.
Künstler als Zielgruppe von Betrugsmaschen
Ist es wirklich Betrug?
Eines möchte ich gleich vorweg betonen: Nicht alle der hier aufgezeigten Vorgehensweisen erfüllen die Bedingungen eines Straftatbestandes.
Aber sie haben drei Aspekte gemeinsam:
- es wird dem Künstler/Opfer ein mögliches Ergebnis suggeriert oder versprochen
- der Künsler/Opfer muss immer in Vorkasse gehen, um das mögliche Ergebnis zu erhalten
- das versprochene Ergebnis wird nicht geliefert oder die Wahrscheinlichkeit dafür ist nur gering
Es kommt immer zu einer Täuschung über die Möglichkeit von Bildverkäufen, die den Künstler dazu bringen, Geld zu investieren. Aber das in Aussicht gestellte Ergebnis, der Bildverkauf, bleibt aus oder dieser findet nur mit geringer Wahrscheinlichkeit statt.
Warum sind Künstler so oft Opfer von Betrug?
Künstler träumen davon, dass eines Tages jemand auf sie und ihr Werk aufmerksam wird. Dieser Mensch ist jemand, der über einen großen Einfluss in der Kunstwelt verfügt. Sein Wort bestimmt darüber, was Kunst ist und was nicht. Oft ist es ein Galerist, ein Kunsthistoriker oder Kunstjournalist.
Aber warum brauchen Künstler einen solchen Fürsprecher? Die Antwort hängt damit zusammen, dass es keine wirkliche Definition dafür gibt, was als Kunst anzusehen ist und was nicht.
Bis zur Entwicklung der Fotografie zum Ende des 19. Jahrhunderts war die bildende Kunst eng an ein handwerkliches Können gebunden. Werke von Rembrandt und Leonardo Da Vinci sind geprägt von einer sehr langwierigen Technik und fotografisch echt wirkenden Wiedergaben der dargestellten Dinge und Menschen.
Die Fotografie übernahm die Aufgabe, unsere Welt und das Erleben in ihr langlebig auf Fotopapier zu bannen. Nun musste sich die Malerei neue Aufgaben suchen. Den Höhepunkt stellte die Erweiterung des Kunstbegriffes durch Joseph Beuys dar, der meinte, dass jeder Mensch ein Künstler sei und somit Kunst schaffen könne.
Seitdem rätselt das Publikum herum, wen oder was sie in den Kunstolymp erhebt und wen nicht. Da jeder Maßstab fehlt, fällt die Entscheidung oft willkürlich aus.
Man hat versucht, das Problem zu lösen, indem die Künstlerschaft in professionelle Künstler (mit einer Hochschulausbildung) und Hobbykünstler (Autodidakten) eingeteilt wurde.
Aber immer wieder gelingt es Künstlern, wenn auch selten, auch als Autodidakt eine bemerkenswerte Karriere in der Welt der großen Galerien hinzulegen. Johanna Dumet ist da ein solches Beispiel. Die künstlerische Vita mit jahrelangem Kunststudium, Meisterschülerschaft und diversen Stipendien allein ist keine Garantie für gut zahlende Kunstsammler. Für den beruflichen Erfolg braucht es auch viel Glück und eine Personenmarke.
Menschen, die sich in ihrem Atelier dem künstlerischen Tun verschrieben haben, sehnen sich nach Anerkennung und auch nach finanziellem Erfolg. Die Möglichkeit, von der eigenen Kunst leben zu können, lässt Hoffnung entstehen, wo sie, wenn man Statistiken glaubt, nur auf kargen Boden fällt.
Nur maximal 10 % aller in Deutschland lebenden bildenden Künstler können von ihrer Kunst leben.
In diesem Zusammenhang erwähne ich gern das Beispiel des Lottospiels. Jeder, der Lotto spielt, kann die Million bei der nächsten Ziehung gewinnen. Klingt verführerisch: „Spiele heute Lotto und du kannst nächste Woche schon Millionär sein!“
Das ist nicht gelogen, aber nur die halbe Wahrheit. Die Möglichkeit, ein Lottomillionär zu werden, existiert schon. Aber die Wahrscheinlichkeit dafür ist sehr gering.
Vielleicht erinnern sich noch einige von euch an den Mathematikunterricht und die dort behandelte Wahrscheinlichkeitsrechnung.
Jedenfalls jeder, der malt, hofft. Hofft auf die große Entdeckung und ein neues Leben als gefeierter Star am Kunstwelthimmel. Wer hofft, ist empfänglich für Versprechungen und ist bereit, für diese auch viel Geld auszugeben. Leider ruft dies auch einige Leute auf den Plan, die mit den träumenden und hoffenden Künstlern viel Geld machen wollen.
Die verschiedenen Betrugsmaschen
Das Kunst-Coaching
Anlass für diesen Blogartikel war, dass ich diese Woche eine E-Mail bekommen habe. In dieser stellten sich zwei junge Männer vor, die beide aussahen, als hätten sie gerade frisch das Abitur bestanden und Mutti sie in einen viel zu großen Anzug für die Abiturfeier gesteckt. Zurück gegelte Haare und ein Lächeln im Gesicht, was wie festgetackert wirkte. So richtig sympathisch eben. Der eine junge Mann stellte sich als Kunsthistoriker vor, der andere als bereits erfolgreicher Künstler.
In einem Telefonat erfuhr ich dann näheres: Mit ihrem Coaching könnte ich jetzt endlich meine Bilder im vierstelligen Bereich verkaufen. Kleiner Haken an der Sache: Ich müsste erst einmal einen vierstelligen Betrag in ihr Coaching investieren. Ich habe nicht dankend abgelehnt. Weil die beiden Marketingpartner auf jeden Fall ihr Geld bekommen, ich selbst aber höchstwahrscheinlich auf der Hoffnung auf Verkäufe im vierstelligen Bereich sitzen bleibe.
Vor ein paar Jahren habe ich ein ähnliches Mentoring absolviert. Noch nicht ganz so teuer, dafür mit einer längeren Laufzeit.
Der theoretische Input, was die Kunstvermarktung anging, war sehr hoch. Es gab viele Videos dazu. Ich konnte Fragen stellen und Webseitentexte verfassen, zu denen ich vom Mentor eine Rückmeldung bekam.
Was ich damals vermisst habe, war, dass auf mich persönlich bzw. meine Bilder eine individuelle Marketingstrategie entwickelt wurde, so wie angekündigt. Ich fühlte mich zu wenig gesehen und auf meine Fragen erhielt ich oft nur kurze und unbefriedigende Antworten. Ich hätte mir einen richtigen Begleiter an meiner Seite gewünscht, der mir die Möglichkeiten meines Themas bzw. meiner Kunst auslotet.
Wenn du ein solches Angebot annimmst, so bekommst du sicherlich jede Menge Mehrwert auf dem Gebiet der Kunstvermarktung. Ob du damit auch wirklich Bilder im vierstelligen Bereich verkaufen wirst, wie mir letztens in Aussicht gestellt, wage ich zu bezweifeln. Es mag Ausnahmen geben, denen das gelingt. Das hängt auch von deinem Thema ab. Aber erinnere dich an den Lottogewinner. Der geringen Wahrscheinlichkeit solltest du dir bewusst sein, sonst ist die anschließende Enttäuschung riesengroß.
Bezahl-Galerien
Da wandert sie ins E-Mail-Fach: die Nachricht einer Galerie aus New York oder Paris. Sie ist, welch ein Zufall, auf meine Bilder im Internet gestoßen und ich würde so gut in das Portfolio dieser Galerie passen. Was für eine Ehre! Wer möchte nicht in diesen großen Weltstädten ausstellen?
Wenn da nur nicht das Kleingedruckte wäre… Aus diesem erfährt der so Geschmeichelte, dass er einen gewissen Betrag sozusagen als Wandmiete zahlen muss. Auch werden Transportkosten und eventuelle Zollgebühren natürlich nicht übernommen. Dann bin ich schnell bei einem Mietbetrag von mindestens 2000,- Euro, von den übrigen Kosten, die oft auf den ersten Blick nicht abzusehen sind, gar nicht zu reden.
Garantiert wird, dass für einen gewissen Zeitraum (von zwei Wochen bis zu mehreren Monaten – hängt von der Höhe der Miete ab) ein paar Quadratmeter Wandfläche in der Galerie zur Verfügung gestellt werden. Die Galerie übernimmt die Hängung der Bilder und die Betreuung der Ausstellung.
Letztlich hängen dann die eigenen Werke mit denen von einigen oder vielen anderen Künstlern zusammen. Damit hat die Galerie ihren Auftrag erfüllt. Das gezielte Bewerben der Künstler oder ein langfristiger Aufbau des Künstlers ist nicht Bestandteil der Zusammenarbeit.
Wenn du Glück hast, gehört eine Vernissage zum Programm der Galerie. Verkäufe finden laut meiner Recherche nur selten statt. Die meisten Künstler bleiben auf ihren hohen Ausgaben sitzen.
Du solltest gut abwiegen, was dir die Erwähnung eines solchen Ausstellungsortes in der Vita wert ist. Ich selbst habe davon Abstand genommen. Vor allem als ich erfuhr, dass ich die unverkauften Bilder bei der Ausfuhr aus den USA hoch versteuern muss.
Ausstattung von Luxushotels
Vor einigen Jahren bekam ich eine E-Mail von einer Galerie, welche Interesse an einer Zusammenarbeit vorgab. Neugierig ließ ich mich auf ein Telefonat ein. Darin erklärte mir der Galerist, ein junger Mann, dass meine Bilder wie geschaffen für die Ausstattung von Luxushotels wie der Hilton-Kette sein würden.
Er könne mir einen Vertrag anbieten. Für ein halbes Jahr hätte ich die Möglichkeit, in einem solchen Hotel hier in Deutschland meine Bilder präsentieren. Er lockte mich mit der Aussicht, dass hier viele wohlhabende Scheichs absteigen und gern ihrer Frau (oder Frauen) ein Bild als Souvenir mitbringen würden.
Ich sah schon eines meiner Bilder in Dubai hängen und erforschte die weiteren Konditionen. Kamen zu Beginn der Telefonate noch alle meine Bilder (außer die Akte natürlich) in Betracht, so wurde bald schon deutlich, dass mindestens 25 großformatige Stadtansichten infrage kommen würden.
Stadtansichten sind aber so gar nicht mein Thema. Ich habe mich auf Blumenstillleben und figürliche Malerei spezialisiert. Auch arbeite ich eher kleinformatig.
Also hätte ich erst einmal in 25 große Leinwände investieren müssen, von der Anmietung eines geeigneten Transportautos ganz zu schweigen. Es wurde immer deutlicher, dass ich die gesamte Leistung erbringen sollte (Bilder, Transport, Hängung). Bei einem Bildverkauf, würde auch noch eine Provision fällig werden.
Es gäbe keine Promotion (außer ein paar Flyern) im Hotel und auch kein ansprechbares Verkaufspersonal. Der einzige Bonus bestand in einem Abendessen und einer gesponserten Übernachtung. Nun gut, Cottbus (ein Hotel dort bot mir der Galerist großzügigerweise an) war jetzt nicht der Ort meiner Träume.
Nachdem der Galerist immer genervter durch meine vielen Fragen wurde, wuchs meine Skepsis zunehmend. Ich fand auf der Seite der Galerie einige Künstler (vorwiegend Frauen des mittleren Alters) und kontaktierte eine von ihnen. Diese war so freundlich, mir zu erzählen, dass sie bisher in drei großen Städten, darunter auch Hamburg, in diversen Luxushotels ausgestellt habe, aber nie ein Bild verkauft wurde.
Die Galerie allerdings erhielt von dem Hotel eine nicht geringe Bezahlung für die Ausstattung der Räumlichkeiten mit wechselnden Kunstwerken. Ohne dass diese Arbeit (außer mit der Vermittlung des Künstlers) damit gehabt habe.
Von der Beteiligung an der Miete waren die Künstler ausgeschlossen. Auch hier war die ganze Arbeit und auch das finanzielle Investment auf der Seite des Künstlers zu finden. Wenn es doch zu einem Verkauf kommen würde, so musste der Künstler auch noch eine Provision abgeben. Ein tolles Geschäftsmodell: für den Galeristen! Die Arbeit und das Risiko hatte allein der Künstler. Den sicheren Verdienst bekam die Galerie durch die Hotelkette.
Die Zusammenarbeit kam nie zustande, da diese mir der Galerist nach zu vielen unangenehmen Nachfragen schon im Vorhinein kündigte. Ich war erleichtert und kann nur davon abraten. Sicherlich mag es den einen oder anderen Künstler gegeben haben, die auch ein Bild verkauft hat. Mich persönlich ärgert die Ungleichverteilung des Risikos und der Einnahmen. Hätte es eine Beteiligung an den Mieteinahmen gegeben, würde ich es anders sehen.
Vortäuschung von Bildkäufen
Hier steht ebenfalls eine Nachricht per E-Mail am Anfang. Ein Interessent aus dem Ausland möchte gleich mehrere Bilder, die er auf meiner Webseite gefunden hat, kaufen. Geld ist kein Problem. Es soll ein Geschenk zum Geburtstag oder der Hochzeit der Angebeteten sein. Schnell muss es gehen, da der Termin schon bald ist. Allerdings fallen vor dem eigentlichen Verkauf ins Ausland noch Kosten für Zölle und Transport an.
Der Verkauf würde sich aber erheblich beschleunigen, wenn ich als Künstler mal schnell das Geld für diese Kosten vorschießen könnte. Schließlich ginge es hier um einen Verkauf von mehreren Tausend Euro. Die Summe von mehreren hundert Euro (verglichen damit gering) würde ich ja wiederbekommen.
Von anderen Künstlern erfahre ich, dass sie nach der Überweisung des Geldes nie wieder etwas von dem potenziellen Käufer gehört haben. Aus der Traum vom Verkauf im vierstelligen Bereich. Außerdem Spesen nichts gewesen.
Die Sache mit den NFTs
Als letztes möchte ich hier auf die NFT-Masche näher eingehen.
Der Begriff „NFT“ steht für „non-fungible Tokens“ oder auch nichtaustauschbare Wertmarken. Sie sind immer individuell und machen digitales einzigartig. Würde ich mein analog gemaltes Bild digitalisieren, könnte es im Netz zigfach kopiert werden. Mittels eines NFT kann ich aber eine Art Echtheitszertifikat und Eigentümereigenschaft erstellen und verkaufen. Auf dem Gebiet der digitalen Kunst gewann der Erwerb von NFTs zuerst an Bedeutung.
Seitdem werden immer mehr Hersteller von analoger Kunst per Instagram kontaktiert. Ich bekomme in den letzten zwei Jahren ständig Angebote, meine Bilder als NFT zu verkaufen.
Erst wird nach der Verkäuflichkeit des jeweiligen analogen Kunstwerkens nachgefragt. Wird diese bestätigt, wird damit herausgerückt, dass der Interessent eigentlich ein NFT erwerben möchte, aber den Preis in der Höhe des analogen Bildes bezahlen würde. Wenn auch erst einmal ungewöhnlich, ist die Aussicht auf eine finanzielle Einnahme verlockend.
Auch hier gibt es wieder einen Haken. Zum einen werden gängige „sichere“ NFT-Plattformen von dem Käufer abgelehnt, zum anderen muß der Künstler erst einmal ein Wallet (digitale Geldbörse) eröffnen. Gerade Menschen der älteren Jahrgänge verfügen meist nicht über ein solches. Für die Eröffnung eines Wallets werden Gebühren fällig, die man (wen wunderts?) erst einmal vorschießen muss. Besitzt man bereits ein Wallet ist auch hier Vorsicht geboten. Diese können im schlimmsten Falle gehackt und die bereits dort eingezahlten Geldwerte abgezogen werden.
Was kannst du tun?
Künstler vereint, dass sie allesamt davon träumen, endlich entdeckt zu werden. Dass jemand kommt, der in der Kunstszene Rang und Namen hat und in ihnen den neuen aufgehenden Stern am Kunsthimmel sieht. Jeder der träumt, ob von einem Traumpartner oder dem beruflichen Erfolg ist anfällig für Versprechungen. Da wird dem einem die große Liebe versprochen, dem anderen das Interesse gutzahlender Kunstfans.
Wir neigen dazu, nur das zu sehen, was wir sehen wollen. So glauben wir nur zu gern, demjenigen, der uns aus dem Nichts heraus kontaktiert, sich als Kunstkäufer vorstellt und uns verspricht, was wir schon so lange erhoffen. Endlich die Anerkennung zu bekommen, die wir uns wünschen.
Ich möchte dich ermutigen, potenziellen Kunstkäufern gegenüber, eine gesunde Skepsis zu entwickeln. Damit du weiter Freude an deiner Kunst hast und diese nicht durch geldgierige Menschen getrübt wird.
Schreib mir in die Kommentare, ob du auch schon Erfahrungen mit solcherlei Betrugsmaschen gemacht hast. Wenn du noch andere kennengelernt hast, so teile sie gern mit uns.