Schickimicki oder Punk?

Zum Abschuss meines Rundgangs durch Berlin möchte ich noch über die Stadteile Charlottenburg und Kreuzberg/ Friedrichshain berichten.

Charlottenburg ist neben Wilmersdorf der schickste Stadtteil in Berlin. Wilmersdorf ist durch seine Villen gekennzeichnet, während in Charlottenburg vor allem Mehrfamilienhäuser stehen. Hier geht alles gediegen und auch sehr nobel zu. Man sieht kaum Graffitis an den Häuserwänden, alles wirkt ruhig, gepflegt und sauber. Mein Sohn zeigte mir hier ein Haus, in welchem er in einer Dachgeschoßwohnung während eines Praktikums untergebracht war. Das Haus war zur Gründerzeit gebaut, mit viel Stuck an der Fassade. Es besitzt eine Dachterrasse, von der man einen Blick auf den Lietzensee hat. Vom Garten des Hauses gibt es einen direkten Zugang zum See. Ein solcher Wohnort mutet schon idyllisch an.

Ansonsten ist Charlottenburg geprägt durch die großen Einkaufstrassen, wie der Kurfürstendamm und die Kantstrasse. Hier findet man sowohl Nobelboutiquen und ebensolche Restaurants, als auch innovative Geschäfte. In „the latest“, einem Laden auf dem Kurfürstendamm, kann man die jüngsten Erfindungen und Entwicklungen bestaunen und auch käuflich erwerben. Wer sich dem Konsumrausch hingeben will, ist hier genau richtig. Da ich selbst gerade von minimalistischen Wohnideen fasziniert bin, findet allerdings in mir ein Kampf statt, was ich von all den Dingen hier wirklich brauche und was nicht. Bei all dem Überfluss sind mir aber auch gerade in diesem Stadtviertel zwei Bettenlager aufgefallen. Es waren die Schlafstätten von Obdachlosen, die sich durch eine gewisse Geordnetheit auszeichneten. Es gab jeweils eine Matratze als Grundlage und um diese waren auf Kisten Dinge sehr ordentlich angeordnet, wie man es in einer Wohnung auch machen würde. Das wirkte seltsam surreal auf mich. Bei einer der Schlafstellen gab es einen kleinen Altar aus rosa Plüschtieren, der mich sehr berührt hat. Hier versuchen Menschen, die aus welchen Gründen auch immer, aus dieser Luxuswelt herausgefallen sind, sich ein Stück Geborgenheit zu kreieren.

 

Die anderen beiden Stadtteile, die ich hier nicht unerwähnt lassen will, sind die Stadtteile Kreuzberg und Friedrichshain. Nebeneinander gelegen und viele Jahrzehnte nur durch die Mauer geteilt, weisen sie in meinen Augen viele Gemeinsamkeiten auf. Beide Stadtteile sind durch die Spree, bzw. ihre Kanäle geprägt. In beiden Vierteln, ob ehemaliger West- oder Ost teil, ist hier die Jugendszene zu finden, mit Clubs und vielen Bars. Hier erscheint das Nachtleben von Berlin am intensivsten. Auf den Kanalschiffen kann man wunderbar die Sommernächte verbringen und vorher noch in dem Badeschiff, welches in der Spree liegt, schwimmen gehen.

 

Es gibt viele Klamottenläden mit Sachen für junge Leute, die sich dem Mainstream der Fastfashion- Modelabels verweigern. Auch sind mir viele Plattenläden und Tattoo- Studios aufgefallen. Nirgends habe ich eine solche Dichte an Graffitis gefunden. Hier gibt es viele alternative Wohnprojekte. An vielen Häusern hängen Spruchbänder, die auf die Verdrängung der alten Bewohner zugunsten von Luxussanierungen hinweisen.